Dein „Nudge“ 2022 – Richtung geben vs. Manipulieren

Posted 7. September 2022
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Von Stefan Josef Höck

Wenn du dich heute für einen neuen Fernseher oder ein neues Auto entscheiden müsstest, welches Modell bzw. welche Marke würdest du dir bei diesem umfangreichen Angebot aussuchen?

In der neuen Ausgabe des Blogs von „Lebenswert TV“ schreibe ich heute über die Bedeutung von „Nudges“ für unsere Entscheidungen.

Wenn du einkaufen gehst, bspw. um den üblichen Wocheneinkauf zu besorgen oder den Anzug oder das Kleid für die nächste Hochzeit, die ansteht, …

  • … kommst du mit mehr nachhause, als du ursprünglich geplant hattest?
  • … verwendest du eine Einkaufsliste und nimmst dennoch mehr mit nachhause als tatsächlich an Essen und Trinken benötigt wird?

Zu Beginn dieses Jahres bin ich auf ein Buch gestoßen, das den einfachen Titel „Nudge“ trägt, mit dem Beisatz „Wie man kluge Entscheidungen anstößt“, von Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein. Darin schreiben die beiden Autoren über s.g. „Schubser“, „Nudges“, um Entscheidungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ob ein solcher „Nudge“ positiv oder negativ ist, liegt in erster Linie im Auge der betrachtenden Person.

Thaler und Sunstein gehen auf Bereiche wie die Alters- und Gesundheitsvorsorge ein, mit dem Hintergrund, wie positive Anreize geschaffen werden können, um die aktive Entscheidung dafür zu beeinflussen. Bei der Altersvorsorge können wir hier bspw. an betriebliche Vorsorgeangebote denken.

Wie Studien gezeigt haben, werden Angebote zur Vorsorge nicht zwangsläufig angenommen, nur weil diese vorhanden sind. Die Gründe dafür können vielseitig sein, das Angebot einfach unverständlich sein, häufig der richtige Anreiz dazu fehlen. Und genau dieser Anreiz spielt in einen „Nudge“ hinein.

Als ich heute zu Beginn nach dem Fernseher bzw. Auto gefragt habe, habe ich schon gezielt die Werbung als Faktor der Entscheidung angesprochen, denn Unternehmen verstehen sehr gut, mit Werbung Bedarf zu erzeugen und gleichzeitig einen Nutzen, ein Erlebnis zu präsentieren.

Darüber hinaus werden bestimmte Waren in den Geschäften genau so passend angeordnet, dass diese – häufig zusätzlich bedingt durch das Warten an der Kassa – doch noch im Einkaufswagen landen.

Für unsere Entscheidungen werden also bestimmte Methoden angewendet, worauf ich nun beispielhaft mit nur kurzen Anmerkungen zu in „Nudge“ erwähnten eingehe:

  • Der Framing-Effekt:
    • Hierbei liegt der Fokus darin, dass Entscheidungen teilweise dadurch bedingt sind, wie etwas präsentiert wird. Was die Kreditkartenunternehmen in den 1970er-Jahren erkannt haben, das ist nach Thaler und Sunstein genauso für Kampagnen der Politik zum Energiesparen u.a. relevant.

  • Versuchung und Gedankenlosigkeit:
    • Hierzu eine ganz einfache Frage, unabhängig davon, ob bei jemandem zuhause oder im Restaurant – Wenn du noch auf das Essen warten musst und Nüsse auf dem Tisch stehen, widerstehst du oder greifst du zu?
    • Laut Thaler und Sunstein stehen sich hier „Planer“ und „Macher“ gegenüber, wobei letzterer für den Automatismus in uns steht, d.h., ohne nachzudenken zu tun.

  • Der Spotlight-Effekt:
    • Aus meiner Sicht ist die Angst, dumm dazustehen, allgemein vielleicht ganz gut, um gedankenvoller und zielgerichteter durch das Leben zu gehen. Gleichzeitig ist jeder Mensch so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass die Aufmerksamkeit auf dich um einiges weniger ist, als du vielleicht denkst.
    • Mir fällt hierzu immer das Bsp. ein, das Darren Hardy bringt, nämlich das Begräbnis, dass weit weniger Menschen weinen, als wir denken mögen, und das Wetter tatsächlich einen Einfluss darauf hat, wer dorthin geht.

  • Bahnung:
    • Werden die Menschen nach ihren Vorlieben gefragt, wird wahrscheinlicher, dass sie Beabsichtigtes tatsächlich umsetzen. Umso genauer gefragt wird, umso stärker die Wirkung.
    • Hilfreich ist hierbei, zum einen Hindernisse zu beseitigen, zum anderen bestimmte Stichworte bzw. Objekte für den „Nudge“ einzusetzen.

Bevor wir kommende Woche auf „Erfolg“ und Faktoren dafür zu sprechen kommen, soll der heutige Beitrag Überlegungen vorwegnehmen, weshalb „Nudges“ dafür dienlich sind.

  • Denn – abgesehen vielleicht von der offensichtlichen Präsentation von Kaugummi an der Supermarktkassa – was entscheidet, ob du kaufst oder nicht kaufst?

Dort, wo sich Gelegenheit bietet, versuche ich in meinen Trainings mit einer Vielzahl von Beispielen aufzuzeigen, dass der Nutzen eines Produktes, einer Vorsorgelösung in der Beratung entscheidend ist, denn – meiner Erfahrung nach – ist im Schaden- bzw. Leistungsfall eine günstige Prämie schnell vergessen, wenn Ansprüche gegebenenfalls sogar abgelehnt werden.

  • Und genau dieser Nutzen von Produktmerkmalen ist aus meiner Sicht ein „Nudge“.

Für mich ist hinsichtlich der Beratung wichtig, immer darauf hinzuweisen, zumindest mit zunehmender Erfahrung, ohne Angst zu verkaufen, sondern eben den vielleicht oft schmalen Grad zu einem Nutzenverkauf zu finden. Denn die Kundschaft soll zwar wissen, wofür bspw. in einer Unfallversicherung 600.000 Euro benötigt werden, gleichzeitig mit einem Sicherheits-, nicht mit einem Angstgefühl, wenn ich das hier vereinfacht so nennen darf, nachhause gehen.

Thaler und Sunstein beleuchten in „Nudge“ ebenso den moralischen Gesichtspunkt, gerade wenn wir an das enorme Einflusspotential der Werbung denken. Die beiden Autoren stellen sich u.a. Fragen nach der Geeignetheit von Pflichtentscheidungen, dem Ausmaß der Entscheidungsfreiheit bzw. notwendigen Geboten und Verboten, inwieweit aus alldem ein Schaden oder Nutzen entsteht.

Dass Menschen Wunderbares erschaffen können und genauso Fehler von Menschen produziert werden, dazu bräuchten wir wohl kein Buch lesen, das liegt auf der Hand, allerdings:

Thaler und Sunstein beschreiben in „Nudge“ den „libertären Paternalismus“ und meinen zur Rolle eines Entscheidungsarchitekten, dass dieser „Nudges“ einzusetzen wüsste, mit der Unterscheidung zwischen „eher helfen“ und „eher nicht schaden“. Sie führen ebenso an, dass Markt und Wettbewerb Schwächen der Menschen auszunutzen wissen.

Manche Entscheidungen gestalten sich gegebenenfalls als schwierig:

  • Was ist nun mit „Nudges“ bei schwierigen Entscheidungen?

Schauen wir uns ein paar relevante Punkte hierzu an:

  • Nutzen jetzt – Kosten später: Gesundheitliche Konsequenzen sind durch eine ungesunde Lebensweise erst später spürbar, bspw. das Rauchen kann sich erst später im Leben auswirken, weshalb also bereits jetzt damit aufhören?

  • Der Schwierigkeitsgrad: Die Wahl einer passenden Ausbildung, um die Interessen und Talente bestmöglich zu bedienen, ist ungleich herausfordernder als die Wahl der passenden Kleidungsgröße.

  • Die Häufigkeit: Training ist bspw. für das Kochen oder Unterhalten in einer Fremdsprache eine passende Möglichkeit.

  • Feedback erhalten: Ohne Aufklärung über gesundheitsfördernde Maßnahmen für Essgewohnheiten u.a. fehlt – zumindest einigen Menschen – eine adäquate Hilfestellung.

  • Wissen, was man will: Aus meiner Sicht generell zu wissen, wohin die Lebensreise gehen soll, Stichwort Lebensaufgabe bzw. Berufung.

Gerade durch das so reichliche Konsumangebot werden Entscheidungen wohl nicht immer im eigenen Interesse getroffen, was etwa unsere langfristige Vitalität betrifft. Wie heute schon angesprochen, dient Werbung als Mittel, um Produkte schmackhaft zu machen. Klar ist gleichzeitig ebenso, dass ein Unternehmen kein Geld verdient, wenn es von Produkten abrät, wie auch Thaler und Sunstein meinen.

„Nudges“ wirken für uns jedenfalls in zwei Richtungen. Einerseits führen „Schubser“ etwa zu geschäftlichem Erfolg. Andererseits unterstützen wir uns damit selbst in unserer Ausrichtung im Leben, indem wir bewusster bei Entscheidungen uns selbst betreffend agieren und lenken, und das wird uns in den kommenden Beiträgen zu „Erfolg“ begleiten.

Wünsche dir eine entscheidungsleichte Zeit und lade dich ein freitags in meinen Podcast auf iTunes, Spotify, Stitcher, TuneIn oder Amazon Music hineinzuhören.

Alles Liebe

Stefan Josef

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